Biografie & Steckbrief

Eine Kurzbiografie über sich selbst zu schreiben ist immer so eine Sache: Was soll man erwähnen? Was ist für den Leser wichtig? Was sprengt den Rahmen einer Biografie? Es ist richtig schwierig, hier selektieren zu müssen. Denn ich will nicht nur darstellen, wie mein Leben bisher so verlaufen ist, sondern auch ein wenig zeigen, wer ich so bin. Ich versuch es einfach Mal:

Ich wurde geboren am 11.08.1988 in Hall i. Tirol. Ich kam ein Monat zu Früh auf die Welt – dementsprechend schwierig war die Geburt für meine Mutter auch. Doch wir überlebten „es“  beide. Nach einigen Tagen im „Brutkasten“ konnte ich nach Hause entlassen werden, mit dem Prädikat „pumperlgsund“. Das war ich ja offensichtlich auch. Denn wenn ich was wollte, schrie ich wie am Spieß und wenn ich müde war, schlief ich wie ein Stein. Was häufiger der Fall war, darüber sind sich meine Eltern heute uneinig.

Ich hatte das Glück, nahe am Waldrand eines Dorfes aufzuwachsen. Meine Großeltern und die Familie meines Onkels wohnten im gleichen dreistöckigen Haus. Wir hatten also stets Menschen um uns und ich spielte viel mit meiner Schwester und meinen Cousinen und Cousins. Was an mir auffällig war: Ich lernte relativ spät das Gehen und hab mir bis zum Ende der Pflichtschule insgesamt 6 Mal den gleichen Fuß durch „umknicken“ an der gleichen Stelle gebrochen. Das war zwar auffällig, doch die Ärzte meinten „der ist halt ein wenig grobmotorisch und ‚patschert‘“. Ich war bei mehreren Vereinen im Dorf tätig. Unter anderem beim Fußballverein, Brauchtumsgruppe „Thaurer Muller“ und vor allem bei der Musikkapelle. Denn mein Vater war mein großes Vorbild. Er übte immer zu Hause auf dem Euphomium und ich war davon immer fasziniert. Gerüchten zu Folge konnte ich deshalb eher Flügelhorn spielen als gerade stehen:

So verbrachte ich zumindest von außen gesehen eine unbeschwerte Kindheit. Da ich als sehr aufgeweckter, ungeduldiger, fast verhaltensauffälliger Junge galt, wurde ich nach dem Kindergarten in die Vorschule geschickt.  Ich war sehr wissensdurstig und bohrte bei Erwachsenen immer nach einer genauen Erklärung für alles Mögliche nach, was diese mitunter sehr nervte. Sobald ich lesen konnte, zogen mich Geschichten wie „Die kleine Hexe“, „Das kleine Gespenst“ oder „Räuber Hotzenplotz“ in ihren Bann. Ich las fortan alles was mir in die Finger kam. Von „Berts Katastrophen“,  über „Harry Potter“ bis hin zu John Grisham-Krimis und Liebesromane wie „Solange du da bist“, welche ich aus den Zimmer meiner 4 Jahre älteren Schwester klaute. Sogar die Bibel las ich mehrmals, obwohl ich mich heute als religionsfrei sehe. Denn die Bücher waren irgendwie die Flucht in eine andere Welt für mich. Denn obwohl ich als „gesund“ galt, wusste ich, dass was nicht mit mir stimmte.

Als ich dann im Alter von 10 Jahren zufällig einen Hörtest machte, stellten die Ärzte erstaunt fest, dass ich auf einer Seite gehörlos war. Dies würde aber nichts ausmachen, solange ein Ohr gut arbeitet. Doch leider funktionierte das „gute Ohr“ dann nur mehr ein Jahr gut und ich war fortan auf ein Hörgerät angewiesen:

Jetzt stellt euch mal vor, ihr seid 11 Jahre alt und kurz vor der Pubertät. Dann erzählt euch plötzlich jemand, dass ihr nun ein Hörgerät tragen müsst. Niemand kann euch sagen, warum ausgerechnet du und woher das kommt. Es gab einfach keine Erklärung dafür – für einen wissensdurstigen Jungen wie mich war das unakzeptabel. Von da an Begann ein psychischer und oft auch physischer Leidensweg für mich, der mich bis heute massiv geprägt hat. Fast täglich musste ich Hänseleien und Diskriminierungen über mich und meine Behinderung verkraften und auch meine Eltern und meine Lehrer waren mit einem hörbehinderten Teenager schlicht überfordert. Details aus dieser für mich recht heftigen Zeit würden aber den Rahmen der Kurzbiografie sprengen.

Dennoch schaffte ich die Pflichtschule und ich konnte danach neben der Handelsschule auch die Ausbildung zum Versicherungs- und Bürokaufmann abschließen. Diesen Weg wählte ich, nachdem mit meiner „Behinderung“ klar war, dass ich keinen Job in der Musikbranche finden würde. Denn mit diesen Vorrausetzungen würde man keine Chance haben. Trotzdem blieb die Musik bis heute mein Begleiter, meine Passion und das hat sich auch mit der Cochlea Implantat Operation nicht geändert.

Letztere kam so: 2016 erlitt ich zwei Hörstürze. Den Letzten davon erlebte ich aktiv auf der Bühne bei einem symphonischen Blasorchesterwettbewerb. Meine Hörkurve schaute danach so aus:

Da das sogenannte Recruiting (Schallempfindlichkeit) bei mir sehr ausgeprägt war, konnte man mich mit dem Hörgerät nicht mehr ausreichend versorgen. Ich hörte kaum mehr was, war am Boden zerstört und dachte offen an Suizid. Doch dann begann ich mich über Cochlea Implantate zu informieren. Ich schrieb alle möglichen Ärzte und Experten im deutschsprachigen Raum an, um mir Wissen über die so genannten Hörprothesen anzueignen und bat auch um deren Prognosen, vor allem hinsichtlich der Musik. Diese waren zwar nicht allzu rosig, doch ich wollte es ausprobieren. Ich hatte wieder Hoffnung.

Im September 2016 wurde ich dann bereits von Dr. Sprinzl in St. Pölten operiert und im Oktober 2016 hatte ich Erstanpassung. Und siehe da: Entgegen meiner Erwartung konnte ich schon direkt nach dem Einschalten des Sprachprozessors mit Leuten reden, zwei Wochen später sogar wieder telefonieren. Auf Grund eines ausführlichen Rehabilitationsprogrammes mit Musiktherapie, audiopädagogischen Training und Hörbüchern „Non-Stopp“ schaffte ich es innerhalb kürzester Zeit mein Sprachverstehen sehr zu verbessern – besser noch wie zu meiner Hörgerätezeit.

Heute musiziere ich wieder und bin sehr dankbar, dass ich trotz Gehörlosigkeit wieder so gut höre. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all den Menschen bedanken, die mich speziell ab 2016 bei meinem „Hörweg“ begleitet haben. Durch das CI bin ich ein neuer Mensch geworden. Gelassener. Selbstsicherer. Mutiger. Ein Mensch wieder mit Visionen, Zielen und Träumen. Denn trotz Gehörlosigkeit fühl ich mich heute weniger gehandicapt den je!

Nicht nur deswegen möchte ich meine Erfahrungen mit euch teilen:

„Dann kam einer, der wusste nicht das es nicht geht – und hat es einfach gemacht!“

 

Steckbrief:

Name: Sebastian Fehr

Geburtsdatum: 11.08.1988

Sternzeichen: Löwe

Ausbildung: Versicherungs- und Bürokaufmann mit Berufsreifeprüfung;

Beruf: Angestellter beim Amt der Tiroler Landesregierung

Hobbys: Musik (musikalische Ausbildung), Schreiben, Lesen, Poetry Slam und Sport (Laufen, Snowboarden, wandern, div. Ballsportarten) uvm...

 

 

 

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